Dr. med. Kurt E. Müller

Entzündung und Energiehaushalt

Jede Form der Entzündung im menschlichen Körper ist auf vielfältige Art und Weise funktionell mit dem Energiehaushalt verbunden. Mit der Entzündung steigt der Energiebedarf des Körpers immer an. Schon die Auslösung der Functio laesa bei Inflammation signalisiert, dass der Körper versucht, unnötigen Energieverbrauch einzusparen, um genügend Energie für die Bewältigung der Entzündung zu bereit zu halten. Die Aktivierung von Lymphozyten verbraucht in der Nacht ca. 25% des gesamten Energiebedarfs von 24 Stunden. Ein Mensch mit Sepsis benötigt ~ 3800 kcal/Tag, einer mit ausgedehnten Verbrennungen fast 5000 kcal/Tag und damit die gesamte Menge, die maximal über den Darm aufgenommen werden kann.

Die Aktivierung des sympathischen Nervensystems geht mit der Entzündung einher – ein Mechanismus, der den Überlebenswillen zwar stärkt, allerdings den Energieverbrauch erhöht und zu einer Dissoziation von Sympathikus mit der HPA-Achse führt. Die Dissoziation wird dadurch verstärkt, dass die Aktivität des Parasympathikus sinkt und die Catechol-O-Methyltransferase durch proinflammatorische Zytokine gehemmt wird. Der Umfang gespeicherter  Energie limitiert diesen Aktivierungsprozess. Der die Inflammation konditionierende und regulierende oxidative Stress wird benötigt. Er besitzt allerdings bei starker Ausprägung das Potenzial, die Funktion der Mitochondrien zu beeinträchtigen und Membranen aller Organellen und Organe zu schädigen - ein Problem, das aktuell bei Post-COVID- und Post-Vac-Syndrom Patienten eine große Rolle spielt. Überbordender oxidativer Stress kann Oxidative Burst auslösen und mit einem Zytokinsturm einhergehen. Beide Prozesse sind nur schwer zu beherrschen.

Die Speicherung von Übergangsmetallen im Organismus verstärkt oxidativen Stess katalytisch, da diese Metalle Elektronendonatoren sind. Für den Schweregrad der COVID-19 Infektionen hat dieser biochemische Einfluss eine bedeutsame Rolle neben weiteren gehabt. Er wird durch künstliche Beatmung zusätzlich verstärkt, da die Erhöhung der Sauerstoffzufuhr die Spannungsdifferenz ΔE zwischen O2 und NADH erhöht und dadurch den Elektronenfluss in der Mitochondrie sowie die Bildung von Superoxid steigert. Die funktionelle Regulierung solcher Prozesse ist schwierig und muss individuell erfolgen. Sie ist unterschiedlich bei akuter und chronischer Entzündung, unterscheidet sich geschlechts- und altersabhängig, unterliegt dem Einfluss genetischer und epigenetischer Variationen und wird nicht zuletzt durch das Ausmaß der Belastung mit medizinisch verwendeten Materialien und Medikamente, aber auch durch den Umfang gespeicherter Umweltnoxen sowie durch die Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen moduliert.